Es kann einem eid tun um die Erinnerung an Wissenschaftler in den Namen der öffentlichen Forschungszentren (CRP abgekürzt nach der französischen Bezeichnung) Gabriel Lippmann und Henri Tudor, doch werden die beiden nach dem Zusammenschluß spätestens zum 31.12.2014 »Luxembourg Institute for Science and Technology« heißen, abgekürzt »LIST«.
Source : Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
Publication date : 01/11/2013
In Abwesenheit des CRP Lippmann-Präsidenten Hubert Jacobs Van Merlen, der wegen der Übernahme von IEE zur Zeit in China weilt, schilderte Georges Bourscheid, Präsident des CRP Tudor und seit Oktober 2012 Vizepräsident des CRP Lippmann, wie es dazu kam, daß gestern sowohl ein Gesetzesprojekt zur Vereinigung der beiden CRP am Krautmarkt deponiert wurde, als auch gemeinsam mit dem Staat als dritten Partner für den fließenden Übergang der Vertrag für ein »Groupement d'Intérêt Economique« (GIE) LIST unterzeichnet wurde.
Die OECD hatte wohl schon 2005 der Regierung empfohlen, zumindest die drei CRP Santé, Lippmann und Tudor, die mit Gesetz 1987 geschaffen wurden, zusammenzulegen. Doch Forschungsminister Biltgen wollte niemandem Zwang antun. Er gibt sich davon überzeugt, Forschung brauche Freiheit mit Risikobereitschaft, aber auch Verantwortung im Umgang mit Steuergeld, weswegen Exzellenz anzustreben ist. Zwang und Freiheit gehen aber schlecht zusammen.
Mit reden kommen die Leute zusammen!
Mitte 2011 ersuchte François Biltgen die beiden CRP Tudor und Lippmann an einer Neufassung des CRP-Gesetzes von 1987 mitzuwirken. Ende 2011 war den Beteiligten klar, daß es schwierig bis spitzfindig wurde, die Komplementarität von Tudor und Lippmann zu beschreiben, da sich eindeutig Überlappungen entwickelt hatten: vor allem in der Forschung der Materialwissenschaften und der Umwelttechnologien, etwas weniger bei den Informationstechnologien. Bewußt war man sich ebenfalls geworden, daß beide für sich genommen nur wenig kritische Masse darstellten und international kaum sichtbar waren.
Das führte im Dezember 2011 zum Beschluß, eine Vereinigung der beiden anzustreben. Nach internen Vorarbeiten kam es im April 2012 zur ersten öffentlichen Ankündigung. Im September 2012 wurde ein externer Berater mit einer kritischen Analyse im Hinblick auf eine gemeinsame Strategie beauftragt.
Im Oktober 2012 liefen sowohl im CRP Henri Tudor wie im CRP Gabriel Lippmann die Mandate der Verwaltungsräte aus. Nachdem beide Strukturen einstweilen weiterbestehen, war es nicht möglich, nur einen Verwaltungsrat zu benennen. Daher wurden beide nominell identisch besetzt, wobei der Präsident des einen Vizepräsident im anderen CRP wurde. Das hat sich seither als gute Sache bewährt, betonte Georges Bourscheid gestern.
Bereits im Oktober 2012 wurde Minister Biltgen der Entwurf für ein Vereinigungsgesetz übergeben. Warum der Text erst gestern in die Chamber kam, wurde nicht erklärt. Auch über den Inhalt des Textes wollte Biltgen gestern nichts verraten - wir hoffen allerdings, daß er bei dieser Pressekonferenz nicht auch um über eine halbe Stunde verspätet auftaucht!
Die jetzt unter dem Dach des LIST GIE vereinigten zwei CRP hatten 2012 ein Budget von 67 Mio. €, wovon 36 Mio. € vom Forschungsministerium kamen, und rund 750 Beschäftigte. Zu 80% sind das Akademiker mit BAC+5 oder Doktorat. Hinter der GoodYear sind das die meisten forschenden Ingenieure in einer Struktur.
»1+1=3«
Angestrebt wird, zusammen mehr zu machen als vorher einzeln, weswegen es bereits in den nächsten beiden Übergangsjahren zusätzliche Einstellungen zur Verstärkung geben wird. Im Fall, wo sich aus dem Zusammenschluß eine Doppelbesetzung eines Postens ergibt, wird von den Leuten eine gewisse Flexibilität verlangt, sich eventuell anders zu orientieren.
Kostenreduktionen wird es mit Sicherheit geben, vor allem bei den Lokalkosten und durch die bessere Auslastung von Geräten. Von den heute 6 verschiedenen Standorten ausgehend wird eine geographische Annäherung angestrebt. Vieles wird im Haus der Innovation auf Belval - die Grundsteinlegung findet heute statt - zusammengebracht werden. Das wird z.B. auch der Uni ermöglichen, teure Laborgeräte der CRP zu nutzen, anstatt daß sie noch einmal angeschafft werden müssen.
Mit der Uni werden gemeinsame Forschungsplattformen angestrebt, auch wenn für die Uni Grundlagenforschung primär und Technologietransfert komplementär ist, während es für die CRP umgekehrt ist.
Zukunftsmusik
Das GIE ist zunächst auf unbestimmte Zeit gegründet. Wie's weitergeht, wird sich 2015 zeigen, wenn die CRP Tudor wie Lippmann Geschichte sind und das CRP LIST versucht, Luxemburg in der internationalen Forschungslandschaft sichtbarer als bisher zu machen. Die beiden zusammen brachten es übrigens 2012 auf 110 Veröffentlichungen in internatiolane Wissenschaftsblättern, auf 4 Patente und 2 sogenannte »Spin offs«.
Da ein kleines Land Zusammenarbeit und nicht Konkurrenz braucht, könnte das GIE nach 2015 den Zusammenschluß mit CRP Santé und CEPS bewerkstelligen. Das würde Sinn machen, wird heute doch z.B. sichtbar, daß in der Bio-Medizin die Bio-Informatik immer wichtiger wird, weswegen das CRP Santé verstärkt Informatiker einstellt.
jmj