Wie Drohnen im Weinberg eingesetzt werden

Der Klimawandel bringt viele Herausforderungen für die Luxemburger Winzer. Überwachung der Pflanzen aus der Luft könnte helfen

Source : Luxemburger Wort
Publication date : 10/02/2023

 

Die meisten Winzer können ein Lied davon singen, wie steil und schwer zugänglich die Weinberge an der Mosel sind. Die manuelle Pflege der Reben sorgt daher nicht nur für stramme Waden, sondern bedeutet auch Schwerstarbeit, oft in brütender Hitze.

Hilfe könnte bald aus der Luft kommen: Ein Forschungsteam des Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) sammelt gerade praktische Erfahrungen beim Einsatz von Drohnen im Weinbau. In erster Linie geht es bei dem Projekt darum, das Wachstum und den Zustand der Reben zu beobachten.

Dazu haben die Forscher die Drohnen mit spezieller Sensortechnik versehen. In einer ist beispielsweise ein Spektrometer verbaut. Während eine normale Kamera im wesentlichen drei Farben unterscheidet, erfasst die Spektralkamera 277 Wellenlängen, erklärt Franz Kai Ronellenfitsch vom LIST. „Dadurch erhalten wir ein hochaufgelöstes Bild der Vegetation, was uns die Möglichkeit gibt, Rückschlüsse auf die Vitalität und den Vegetationszustand der Pflanzen zu ziehen“, so der Forscher.

Gesundheitszustand der Pflanzen

Ist das System erst einmal vollständig ausgereift, würde es den Winzern erlauben, mit vergleichsweise geringem Aufwand ihre Reben zu überwachen. „Wir arbeiten aktuell mit zwei Drohnen. Die größere von den beiden fliegt in einer operationellen Höhe zwischen 30 und 40 Metern über dem Boden. Sie kann etwa 18 bis 20 Minuten fliegen, danach steht ein Batteriewechsel an. Das ist aber immer abhängig von den Wetterverhältnissen. Bei stärkerem Wind verkürzt sich die Flugzeit, weil das System das ausgleichen muss“, sagt Ronellenfitsch. „In dieser Zeit lassen sich etwa 0,5 Hektar abdecken.“ Die kleinere Drohne schafft einen Hektar in 25 Minuten, allerdings bei einer geringeren Auflösung.

Es geht darum, aus den Daten Informationen über die Vitalität von Pflanzen abzuleiten. „Wir können zum Beispiel am Chlorophyll-Gehalt in den Blättern sehen, wie gesund die Pflanze ist“, sagt Miriam Machwitz, die Leiterin des Projekts am LIST.

Eine weitere Anwendung ist, mithilfe der Drohnen auszumachen, ob die Reben von Krankheiten befallen sind. „Das ist aber im Moment noch vor allem Forschung. Wir können derzeit noch nicht über eine x-beliebige Fläche fliegen und sofort automatisch sagen, wie stark die Pflanzen von einer Krankheit befallen ist“, sagt Miriam Machwitz. „Das Ziel ist natürlich, ein relativ automatisiertes System zu haben.“ Derzeit arbeite man aber noch daran, den Algorithmus zu verfeinern und ständig mit den Informationen, die man am Boden sammelt, abzugleichen.

Nur spritzen, wo es notwendig ist

Es macht einen Unterschied, ob man die Flüge im Juni oder im August durchführt, weil sich die Farbe der Blätter verändert. „Das beeinflusst natürlich auch unser Signal“, sagt die Wissenschaftlerin. „Wir befassen uns mit Krankheiten wie dem „Falschen Mehltau“, der in verschiedenen Intensitätsstufen vorkommt. Manchmal sind es nur kleine Pünktchen auf dem Blatt, manchmal ist es das komplette Blatt. Wir trainieren die Algorithmen, um abschätzen zu können, wie stark die Pflanzen befallen sind.“ Mit den Daten kann der Winzer dann präziser gegen die Krankheit vorgehen und gezielt dort spritzen, wo es notwendig ist.

Ein anderes Beispiel ist die Esca-Krankheit, die einzelne Pflanzen befällt, die beim Rebschnitt verletzt wurden. Mithilfe der Drohnenflüge sollen die Winzer nun erfahren, wo auf dem Weinberg betroffene Rebstöcke stehen, die behandelt oder ersetzt werden müssen. Zum Zweiten soll im Rahmen des Projektes über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, wie stark sich die Krankheit ausbreitet und wie sich wechselnde Wetterverhältnisse auf das Aufkommen auswirken. „Die Krankheit ist zunehmend bei uns auf dem Vormarsch, was auch am Klimawandel liegt“, sagt Machwitz. Das Landwirtschaftsministerium Luxemburg fördert daher das Projekt. Abgesehen vom Monitoring von Esca sollen auch Empfehlungen für die Winzer für den Kampf gegen die Krankheit entwickelt werden.

Schutz gegen Trockenstress

Angesichts des Klimawandels müssen die Winzer sich auch mit höheren Temperaturen, Starkniederschlägen und gestiegenem „Trockenstress“ für die Pflanzen befassen. Einige experimentieren daher mit Mischbepflanzungen und pflanzen neben Reben auch Bäume und Sträucher. Das soll helfen, die Bodenerosion zu verringern, und die empfindlichen Weinpflanzen beschatten.

Bei einem entsprechenden Versuch in Remich werden die Drohnenbilder dazu genutzt, auszuwerten, wie sich die Beschattung auswirkt. Die Drohne kann zudem Temperaturunterschiede messen. „Man kann so erkennen, wo es besonders heiß wird und welchen Nutzen die Bäume bringen. In deren Umkreis sind es drei bis fünf Grad weniger. Das kann schon den Unterschied machen, ob die Trauben Sonnenbrand kriegen oder nicht“, sagt Machwitz.

Mithilfe der Thermalkamera habe man zeigen können, dass es auf einem einzigen Weinberg teilweise Temperaturunterschiede von bis zu 20 Grad Celsius möglich sind. Wenn irgendwann in größerem Ausmaß eine Bewässerung der Weinberge notwendig werden sollte, könne man die Daten nutzen, um zu entscheiden, an welchen Stellen der Einsatz am dringendsten ist.

In anderen Projekten wie im deutschen Bernkastel-Kues werden Drohnen unter anderem eingesetzt, um Pflanzenschutzmittel auszubringen. Das mit den Beobachtungsdrohnen des LIST zu kombinieren, ist für Franz Kai Ronellenfitsch nach derzeitigem Stand der Technik aber nur schwer vorstellbar, weil dadurch die Nutzlast zu hoch und die Reichweite zu gering wird. Denkbar sei allerdings, an einem Tag mit einer Drohne Daten zu sammeln und sie am zweiten Tag mit einer entsprechend präparierten digitalen Karte zum Spritzen loszuschicken.

THOMAS KLEIN

 

Share this page: