„2024 war der Härtetest bei PIWI3“

LIST-Wissenschaftler Marco Beyer stellt das dreijährige Projekt vor

Source : De Letzeburger Bauer
Date de publication : 11/10/2024

 

Mit PIWI3 wurde ein Projekt lanciert, das letztlich die Möglichkeiten einer stärkeren Verbreitung dieser pilzwiderstandsfähigen Sorten ausloten soll. Die Laufzeit des Projekts unter Federführung des Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) beträgt drei Jahre (2023-25). Nachfolgend ein Interview mit dem Koordinator des Projekts, dem LIST-Wissenschaftler Marco Beyer.

Herr Beyer, als Projektziel für PIWI3 wurde formuliert, dass die am Weinbauinstitut (IVV) verfügbaren Piwi-Sorten agronomisch, wirtschaftlich und ökologisch charakterisiert werden sollen. Zunächst einmal die agronomische Bewertung: was genau wird dort einfließen?

Wir schauen uns bei den Piwis natürlich vorwiegend die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten an. Der größte Unterschied wird beim Echten und beim Falschen Mehltau der Rebe erwartet. Aber auch Botrytis und Schwarzfäule werden betrachtet. Des Weiteren wird die Anfälligkeit gegenüber der Kirschessigfliege (KEF)untersucht, darüber hinaus Faktoren, die direkt oder indirekt mit der Qualität zusammenhängen: phänologische Entwicklung, Gescheinsansatz, mittleres Traubengewicht, Reifeverlauf, Sonnenbrand usw. Betrachtet wird also zum Beispiel, wie schnell sich die Sorte entwickelt und ob man sie gegebenenfalls früher ernten muss. Es werden zehn weiße und vier rote Piwi-Sorten und jeweils eine traditionelle Vergleichssorte untersucht. Beiden weißen Sorten ist dies Rivaner, bei den roten Pinot Noir. Die Piwis in unserem Projekt stammen aus den Pflanzjahren 2010 bis 2017.

Bezüglich der Wirtschaftlichkeit wird von einer Kosten-/Nutzen-Abschätzung gesprochen. Werden hierfür nur IVV-spezifische Datenverwendet oder auch Daten aus dem luxemburgischen Testbetriebsnetz?

Wir nehmen vorwiegend die Datendes IVV. Der SER hatte auf die Möglichkeit der Verwendung von Daten des Testbetriebsnetzes hingewiesen, als das Projekt entwickelt wurde. Damals bestand aber eine Unsicherheit bzgl. der Datenschutz-Grundverordnung. Gerade beim Pflanzenschutz, wo wir die großen Unterschiede erwarten, dürfte sich die Kostenstruktur des IVV nur wenig von derjenigen der Praxisbetriebe unterscheiden. Auch beim Diesel und den weiteren Inputs bekommt das IVV beim Bezug keinen besonderen Preis.

Kommen ausschließlich die am IVV gängigen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz, sprich kein einziges konventionelles Fungizid?

Doch, aber wir haben verschiedene Programme. Einmal ein Piwi-Programm, wo nur eine deutlich reduzierte Anzahl an Spritzringen gemacht wird. Und da geht es auch ein wenig um die Frage, ob man durch Piwis den Einsatz von Kupfer im Ökoweinbau noch reduzieren oder garersetzen kann.

Und wir haben eine konventionelle Spritzfolge für die traditionellen Sorten. Letztes Jahr waren es konkret zwölf Spritzringen. Diese Spritzfolgebeinhaltet im Grunde das ganze Repertoire, das im konventionellen Weinbau zur Verfügung steht. In den empfindlichen Phasen kommen stärker wirkende, in den weniger empfindlichen schwächer wirkende Mittel zum Einsatz, wobei letztere ein günstigeres Umweltprofil haben. Es sind in allen Fällen Mittel, von denen angenommen wird, dass sie noch in den nächsten vier bis sieben Jahren auf dem Markt verfügbar sein werden.

Wird bei der Bewertung auch der Marktwert der Piwi-Weine Eingang finden?

Das ist schon vorgesehen. Wir erfassen die Erntemengen und die Qualitätsparameter. Allerdings gab es letztes Jahr eine starke Trockenphase und bei einigen Sorten wurden Trauben herausgeschnitten, um die Rebstöcke zu entlasten, damit sie also nicht der Trockenheit zum Opferfallen. Deshalb haben wir vom ersten Jahr noch nicht so viele Daten, dass wir alles durchrechnen können, was uns wünschenswert erscheint.

Bezieht sich die ökologische Charakterisierung rein auf den Pflanzenschutzaufwand?

Nein, da gehen auch Daten ein wie Treibstoffverbrauch, Abfallentsorgungsaufwand, Wasserbedarf, Düngerbedarf, Maschinenaufwand. Für diese Aufgabe haben wir ein eigenes Arbeitspaket, wo am LIST Kollegen vom Life-Cycle-Assessment die Datenauswerten. Das sind teilweise Zahlen, die noch erhoben werden müssen.

Als Projektpartner werden IVV und Winzer genannt. Was tragen die Partner zum Projekt bei? Gibt es auch Untersuchungen auf Praxisflächen?

Das IVV stellt die allermeisten Versuchsflächen. Auch in diesem Projekt ist das sehr wichtig, weil die Piwis teilweise vor einem Jahrzehntgepflanzt wurden. So gesehen können wir solche Projekte nur mit einem Partner wie dem IVV durchführen. Wir haben aber auch Monitoring-Aktivitäten bei der KEF und beim Vektor der Flavescence dorée, der Amerikanischen Rebzikade, beides auf Praxisflächen entlang der ganzen Luxemburger Mosel. Die Fallenstehen bei den Winzern selbst. Beim Monitoring geht es letzten Endes darum, wie es auf der Gesamtfläche aussieht.

Beim Pflanzenschutzaufwand gibt es jetzt zwei Jahre Projekterfahrung. In welcher Spanne bewegte man sich bei den Piwi-Sorten und bei den traditionellen Vergleichssorten?

Im ersten Jahr haben wir bei den Piwis zwei Spritzringen gehabt und bei den traditionellen Vergleichssorten zwölf, wobei man sagen muss, dass es im ersten Jahr noch so ein wenig ein „Schuss ins Blaue" war. Das ist relativ gut gelaufen, d.h. beiden Piwis hat es keine Fälle gegeben, wo wirklich der Mehltau durchgebrochen ist. Man hat schon gesehen, dass die Piwis nicht gleich sind. Unter den Piwis gibt es welche, die eine deutliche Resistenz zeigen, und andere, die noch ein wenig Befall haben. Und darüber hinaus gibt es eine Menge Symptome, die nicht typisch sind. Es scheint einige Piwi-Sorten zu geben, die zwar befallen werden, aber der Befall sich nicht so ausbreitet wie bei klassischen Sorten. Es sieht so aus, als ob diese Sorten in der Lagewären, den Befall einzudämmen. Je nachdem, wie stark der Erregerdruck ist, kann man am Ende des Projekts wirklich die Sorten empfehlen, die unter luxemburgischen Bedingungen besonders gut geeignet sind.

2024 ist doch sicherlich ein ideales Jahr, um die Resistenzgrade bei Rebenperonospora und Oidium festzustellen. Können Sie mir diesbezüglich schon eine erste Einschätzung geben?

Für 2024 habe ich die Zahlen leider noch nicht vorliegen. Ich verweise diesbezüglich auf den Vortrag von Kristina Heilemann und Daniel Molitor beim PIWI-Tag, der am 4. November am Weinbauinstitut stattfinden wird.

Was wirklich schön ist: wir haben2023 ein Jahr mit moderatem Befallsdruck gehabt, 2024 hingegen den Härtetest. Das war natürlich nicht so geplant. Wir haben Glück gehabt und werden schöne Kontraste aufzeigen können. Die einzelnen Piwi-Sortenhaben bekannte Resistenzgene und nicht alle gehen auf Oidium bzw. Peronospora. Einige Resistenzgenesind spezifisch für Oidium, andere wiederum spezifisch für Peronospora. Aber man sieht schon, dass die Unterschiede zwischen den Piwis und den klassischen Sorten um einige Größenordnungen stärker sind als die Unterschiede innerhalb der Piwis. Einige Piwi-Sorten hatten dieses Jahr Probleme mit Schwarzfäule, die beider Resistenz nicht so richtig abgedeckt wird, wobei man sagen muss, dass Schwarzfäule nicht in jedem Jahrein Problem ist.

Was wird bei dem von Ihnen genannten PIWI-Tag ansonsten noch thematisiert?

Es geht nicht nur um den Anbau, sondern auch um die Vermarktung von Piwi-Weinen. Wir versuchen aufzuzeigen, dass der Piwi-Anbau keine kleine experimentelle Angelegenheit ist, sondern dass dies wirklich Praxisrelevanz hat, etwas, das wachsen kann und auch wachsen soll.

Ich selbst werde das Projekt PIWI3 vorstellen. Ein Experte der Uni Geisenheim wird über seine Studie sprechen, bei der die Akzeptanz der Piwi-Sorten innerhalb der Wertschöpfungskette untersucht wurde. IVV-Berater Christopher Simon wird einen Überblick geben, wieviele Piwis an der Luxemburger Mosel eigentlich schon angebaut werden. Die LIST-Untersuchungen zum Umwelteinflusswerden Thema sein. Dieser Vortragwird auf Französisch gehalten. Der Block am Vormittag ist so geplant, dass er auch als Fortbildung für den Spritzpass gültig ist.

Nachmittags haben wir einen Themenblock, wo vor allem externe Sprecher zu Wort kommen werden. U.a. wird die 3-Länder-Piwi-Initiative „Vision Mosel" vorgestellt. Ein Vortrag behandelt die Frage der Vermarktung, ob man Piwi-Weine lieber aktiv bewerben oder Piwi-Traubenin anderen Produkten „verstecken" soll, wo keine Auszeichnung der Sorte nötig ist. Es soll auch eine kleine Verkostung von Piwi-Weinen sowie einen Beitrag zur Sortenumstellung durch Umveredelung geben. Eine Teilnahme am Nachmittag wird mit zwei Stunden für die Landschaftspflegeprämie anerkannt. Wer beim PIWI-Tag dabei sein möchte, kann sich unter agriculture.public.lu/de/termine/2024/piwi-tag.html anmelden.

Was hat es mit der im Projektgenannten Informationsplattform auf sich?

Es ist eine rein digitale Plattform vorgesehen, die voraussichtlich Mitte 2025 online gehen und im Landwirtschaftsportal zu finden sein wird. Für jede Piwi-Sorte werden für die Winzer die Versuchsresultate zusammengefasst. Rund ein Drittel des Plattform-Umfangs soll sich an die Erzeuger von Pflanzgut, die Weintouristen, den Weintrinker und den Weinhandel richten.

Helmut Lui

 

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