Weniger Pestizide, mehr Ertrag

Alternativen zum intensiven Herbizideinsatz bei Raps aufzeigen, das ist das Ziel einer Studie, die Landwirtschaft und Wissenschaft gemeinsam durchführen.

Source : Luxemburger Wort
Date de publication : 28/11/2017

Neben Glyphosat, dessen Zulassung erst gestern wieder für weitere fünf Jahre grünes Licht erhielt, ist ebenfalls das Herbizid Metazachlor stark umstritten. Nachdem Abbaustoffe im Stausee nachgewiesen wurden, wurde dessen Einsatz landesweit stark eingeschränkt. Das Unkrautvernichtungsmittel darf nicht mehr in Wasserschutzzonen ausgebracht werden. Das Verbot gilt ebenfalls für das Einzugsgebiet der Obersauer, zudem darf in allen anderen Regionen des Landes Metazachlor nur noch alle vier Jahre eingesetzt werden.

Drei Ministerien beteiligt

Betroffen ist vor allem der zwar lukrative, aber sehr düngemittel- und herbizidintensive Rapsanbau. Die Gesamtanbaufläche in Luxemburg beträgt rund 4 000 Hektar. Da dies die Produzenten vor neue Probleme stellte, hat die Fördergemeinschaft Integrierte Landbewirtschaftung Luxemburg (FILL), zusammen mit den Forschern des „Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST)“ im Jahre 2015 ein Testprogramm gestartet. Dieses liefert jetzt erste, erfolgversprechende Ergebnisse. Mit Nachhaltigkeit, Landwirtschaft und Forschung finanzieren gleich drei Ministerien das Projekt. „Wir wollten herausfinden, welchen Einfluss der Wechsel der Fruchtfolge und verschiedene Anbaumethoden auf die Gesamternteerträge haben. Zusätzlich prüften wir, ob dabei gänzlich auf Metazachlor verzichtet werden kann und ob nicht andere Ölpflanzen als Raps angebaut werden könnten“, erklärt Bruno Alves, Experte für Wasserschutzzonen in der Umweltabteilung des Nachhaltigkeitsministeriums. Für die Versuchsanordnung wurden drei typische Standorte in drei verschiedenen Regionen des Landes ausgewählt. Zum Ersten wurde die Fruchtfolge, also die zeitliche Abfolge der auf einer landwirtschaftlichen Fläche angebauten Nutzpflanzenarten, so verändert, dass Raps durch andere Ölpflanzen wie beispielsweise Öllein, Leindotter oder Ölhanf gänzlich ersetzt werden kann. In einem weiteren Feldversuch wird der Herbizideinsatz durch andere Substanzen, mechanische Unkrautbekämpfung, Untersaaten mit anderen Sorten oder größeren Reihenabständen ersetzt. Als letzte Variante sollen Mischsaaten ausgesät werden. Hierunter versteht man den zeitgleichen Anbau verschiedener Kulturen auf der gleichen Fläche.

Positive Ergebnisse

Obwohl die ganze Versuchsreihe sich über insgesamt fünf Jahre streckt, sind die ersten Ergebnisse laut den Forschern des LIST überraschend positiv ausgefallen. Dies bestätigt auch Bruno Alves. „Die Ergebnisse zeigen, dass der Hektarertrag beim Einsatz von Metazachlor wohl am höchsten war, die Ausfälle durch den Verzicht auf das Herbizid sich aber sehr in Grenzen hielten“.

Die Forscher begnügten sich aber nicht mit dieser Lesart, sie berechneten auch die gesamtwirtschaftliche Bilanz. Dazu zählen der Anschaffungspreis des Bekämpfungsmittels und die Kosten für das Ausbringen. „Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass in diesem Verzichtsfall der wirtschaftliche Ertrag für den Landwirt größer ist, als wenn er Metazachlor eingesetzt hätte.“ Die Rechnung wird noch eindeutiger, wenn man den Schaden an Natur und Umwelt sowie die Aufbereitungskosten des Trinkwassers hinzurechnet.

Etgen will noch abwarten

Vorläufig nehmen die Vertreter der Landwirtschaft die Ergebnisse noch mit etwas Skepsis auf, Landwirtschaftsminister Fernand Etgen verwies beim Vorstellen der Ergebnisse darauf, dass die gesamte Testperiode noch nicht abgeschlossen sei. Landwirtschaftskammer und Ackerbauschule dürften die Ergebnisse aber mit großem Interesse verfolgen. Gespannt sein dürfte man auf deren abschließende Bewertung.

Anders anbauen

Allzu oft beklagen sich die Vertreter der Landwirtschaft, als Sündenböcke für alle möglichen Umweltsünden herhalten zu müssen. Anstatt sich schmollend in die Ecke zurückzuziehen, haben die Landwirtschaftskammer, und vor allem auch die Ackerbauschule nun Neuland betreten und sich mit diesem Projekt für eine wissenschaftliche Herangehensweise an die leidige Pestiziddiskussion ausgesprochen. Damit entsteht Raum für eine ideologiefreie, versachlichte Debatte. Zugleich ergibt sich aus diesen ermutigenden Resultaten eine Perspektive für die angehenden Bauern der Ackerbauschule, es mit dem Anbau doch einmal anders zu versuchen, als es ihre Väter schon immer taten. In einem dramatisch veränderten Umfeld kann es für die Landwirtschaft auch eine Chance sein, sich zu emanzipieren und neue Märkte für sich zu entdecken.


 JACQUES GANSER

 

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